Weihnachtsbrief 2025

+ Meine Lieben alle,
In der Nacht vom 7. zum 8. Dezember hatte ich heuer einen ungewöhnlichen Traum: Ich schrieb eine kurze Weihnachtsgeschichte nieder. Sie wurde mir diktiert, ich erwog aber beim Schreiben jedes Wort so sorgfältig, dass es mir beim Aufwachen klar in Erinnerung blieb.
Es war einmal ein Schuster mit seiner Frau, die arbeiteten fleißig, blieben aber arm. Gott hatte ihnen keine eigenen Kinder geschenkt, sie nahmen sich aber um viele arme Kinder an. Bei jedem Paar Schuhe, das sie auf Bestellung fertigten, schnitten sie das Leder so geschickt und sorgfältig zu, dass genug übrigblieb, um auch noch ein kleineres Paar zu nähen für ein armes Kind, das barfuß ging. Bei ihrer Arbeit sangen sie gemeinsam:
Lieber Vater von uns allen
Lass doch bitte nicht geschehn,
Dass auch nur ein Kind auf Erden
In Eis und Schnee muss barfuß gehen.
Doch so hart sie auch arbeiteten, es schien jedes Jahr mehr arme Kinder auf der Welt zu geben. Schweren Herzens mühten die beiden sich bis spät in die Nacht, aber die Hilfe, die sie leisten konnten, schien ihnen wie nichts; wie ein Tropfen auf einen heißen Stein.
Heute war die heilige Weihnachtsnacht, aber in ihrer Traurigkeit bemerkten es die beiden Alten gar nicht und nähten weiter an einem Paar Kinderschuhen. Plötzlich erfüllte honigfarbnes Licht die Werkstatt, und ein barfüßiges Büblein stand vor ihnen. Das Kind nahm die Schustersfrau bei der rechten Hand und den Schuster bei der linken und führte sie hinaus in die Winternacht. Da schauten sie mit großen Augen auf seine Fußspuren im Schnee: Wo immer er hingetreten war, blühten jetzt Christrosen auf. Ganz sanft sagte er zu ihnen:
So, jetzt geht und ruht.
Gott weiß schon, was er tut.

Meine Reaktion zu diesem Traum überraschte mich selber. Noch im Halbschlaf war ich wütend und schimpfte über «diese sentimentale Ablenkung vom Elend der Welt.» Verstört wachte ich auf. Seitdem aber hab ich begonnen, mich zu fragen: Wenn wir mit unserem kleinen Geist alles, was wir nur konnten, getan haben, um unsere arme Welt zusammenzuschustern, dürfen wir dann nicht vertrauen, dass der Geist, der aus reiner Möglichkeit Schneerosen vor uns aufblühen lässt, Möglichkeiten für unsere Zukunft kennt, die über unser Vorstellungsvermögen jetzt noch weit hinausgehen? Möge dies uns Hoffnung schenken für 2026 und zugleich Mut machen, so tüchtig wir nur können gemeinsam weiterzuschustern. Das wünscht Euch von ganzem Herzen,
Euer Bruder David
Weihnachtsbrief 2025 in Englisch und demnächst auch in Niederländisch
